Meine Erfahrung mit Krankheiten

Sowohl als Angehörige als auch als Kranke

Als meine Schwester 2008 an Leukämie erkrankte, war mein Herz so gebrochen, dass ich angefangen habe möglichst viele Infos im Internet über diese Krankheit zu suchen. Als mir klar wurde, dass die Überlebensdauer meistens 3 – 5 J. beträgt, war ich sofort entschlossen ihren Mann darüber zu informieren. Ich habe mir gar keine Gedanken gemacht, ob sie das hören möchte oder dieses schon gewusst hat und ob sie überhaupt offen darüber reden wollte. Ich wollte einfach, dass sie im Hier und Jetzt lebt. Außerdem wäre ich damit nicht fertig geworden, wenn ich ihrem Mann diese Infos vorenthalten hätte. Wie ich ihn kenne, hat er ihr nichts davon erzählt. Sie starb leider 2011, also 3 Jahre nach der Diagnose.
Ich habe meine Schwester sehr oft angerufen, weil ich sie nicht besuchen konnte, da ich krank war.

Was will ich mit diesen Zeilen sagen?

Offen über die Krankheit sprechen aber vorher sicherstellen, ob der Kranke es auch möchte

Jetzt wo ich selbst krank war, merkte ich z. B., wie oft ich einfach mal Ruhe brauche. Ich wurde oft von einigen meiner Verwandten tel. kontaktiert. Wenn mir z. B. 5 Leute per WhatsApp schreiben, dann erwarten sie alle eine individuelle Antwort. Dann schreiben sie nochmal zurück … dann erwarten sie alle noch einmal eine Antwort.
Ich habe dann eine WhatsApp-Gruppe erstellt und alle Verwandten reingepackt und mich gefreut, dass ich jetzt nur noch eine Nachricht an alle schicken kann. Zu früh gefreut, denn sie schreiben trotzdem extra außerhalb der Gruppe.

Was meine Leute gemacht haben und was ich mir von ihnen gewünscht hätte:

Umgang mit der Diagnose:

„Das ist nicht gut“. Ich habe z. B. meinem Cousin der im Gesundheitswesen arbeitet kurz erzählt, dass ich einen Knoten ertastet hatte, auch schon eine Stanzbiopsie hatte und fiebernd auf das Ergebnis warte. Er sagte mir, dass manche Knoten nicht bösartig sind. Das wusste ich auch. So hat er vermutlich versucht, mich zu beruhigen.
Er sagte weiter, dass ich ihm bitte das Ergebnis mitteilen soll, tat ich auch und das Einzige was er sagte war, „Das ist nicht gut“. Bis heute kein Wort. Ich habe mal Weihnachtsgrüße gepostet und er schrieb 2 Worte zurück, „Merry Christmas“.

Warum hast du mir nicht erzählt, dass du Brustkrebs hast?!
Der Nächste (mein kleiner Bruder): Während wir uns unterhielten, erwähnte ich nebenbei die bevorstehende Tumor-OP und er fragte was für ein Tumor es wäre. Als ich sagte ich habe doch Brustkrebs und der Resttumor wird jetzt nach der Chemotherapie entfernt sagte er, „Sis, warum hast du mir nicht erzählt, dass du Brustkrebs hast?“ Ich habe es ihm aber mitgeteilt (nimmt vielleicht jemand seine WhatsApp Unterhaltungen nicht so ernst?!).

Auntie, du sollst Hülsenfrüchte, Ingwer, Kurkuma … essen!
Meine Nichte (Tochter meines o.g. Bruders) postete mir eine Liste von Lebensmitteln die gegen Krebs gut sein sollen. Komischerweise alle (!) auf der Liste waren meine lieblings Lebensmittel und ich habe sie immer gegessen ohne an Krebs zu denken. Nur, ich komme mit der Mentalitätnicht klar, dass alleine Lebensmittel Krebs vorbeugen können. Kurkuma, habe ich z. B. gelesen, sollte während der Chemotherapie nicht gegessen werden.

Du sollst Granatäpfel essen!
Mein Cousin hat mir auch einen Text geschickt, ich soll Granatäpfel essen. Ich wiederum habe immer Granatäpfel gegessen, habe aber auch gelesen, dass ich diese während der Chemotherapie nicht essen soll.

„Du wirst die Haare verlieren, besorge dir schöne Tücher und mach dich hübsch“.
Sagte meine Cousine. Sie ist übrigens einer der wenigsten, die immer wieder fragen, wie es mir geht. Unsere WhatsApp Gruppe besteht aus über 120 Mitgliedern aus unserem Clan und dort habe ich mich mit den Worten verabschiedet, ich komme irgendwann mal wieder und bitte nicht fragen wie es mir geht, I’ll be fine. Denn ich mag keinen Mitleid.

Kann dich begleiten …
Meine Nichte (Tochter meiner Schwester) die auch in Europa lebt rief mich im September 2018 an und teilte mir mit, dass sie mich Ende Oktober besuchen kommt. Mir ging es gar nicht gut und meinem Mann auch und ich sagte ihr das auch. Sie sagte mir, dass sie mich auch im Krankenhaus besuchen oder mich zu meinen Terminen begleiten würde. Ich habe es nicht geschafft, sie davon abzuhalten. Natürlich wollte sie mich nicht nur zu meinem 50. Geburtstag überraschen (siehe den Beitrag hier) obwohl sie weiß, dass ich nicht gerne im Mittelpunkt stehe.

Was ich dir als Angehöriger empfehlen würde

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass die Angehörigen es gut meinen wenn sie z. B. beim Einkaufen oder Wohnung sauber machen helfen möchten. Es gibt aber auch Kranke die diese Tätigkeiten brauchen um wieder „fühlen“ zu können, ich bin am Leben, ich kämpfe usw. Deshalb denke ich, dass man einfach den Kranken ruhig und offen mal fragt, ob es so OK ist oder wie er sich Unterstützung vorstellen würde. Aber gar nichts persönlich nehmen, denn ich glaube viele kranke Menschen sind zum Teil auch ein bißchen empfindlich.

Was ich dir als Kranker empfehlen würde

Ich glaube eine Liste zu machen und alles notieren, was man sich von seinen Angehörigen wünscht und ihnen offen und in einem netten Umfeld das beibringen, ist schon eine gute Sache. Natürlich wird meistens nicht alles so eingehalten, wie sich der Kranke es wünscht.

Ich freue mich über deine Meinung dazu!

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